Die nach den letzten Rückschlägen sichtlich verunsicherte Zolliker Equipe lässt sich vom designierten Aufsteiger Höngg nach Belieben dominieren, schon zur Pause liegt sie schwer geschlagen 1:6 zurück. Letztlich kann sie froh sein, nicht eine zweistellige Anzahl Gegentore erhalten zu haben.
Von Dennis Bühler
Am 28. August 2011 besiegte der Sportclub Zollikon die 2. Mannschaft des SV Höngg auf dem heimischen Sportplatz Riet 7:0, es war das erste Spiel des SCZ in der 3. Liga nach 18 Jahren Unterbruch. Die Entwicklung der Zolliker Mannschaft verlief seither positiv, einem 3. Schlussrang in der ersten liess sie einen 2. Platz in der zweiten Drittligasaison folgen. In diesem Jahr, der dritten Spielzeit nach dem Aufstieg, sollte der nächste Schritt folgen. Unmissverständlich formulierten Trainer – und Spieler! – in der Winterpause das Ziel für diesen Frühling: Aufstieg in die regionale 2. Liga.
Angeschlagene Psyche
Was die Mannschaft in den letzten anderthalb Monaten bot, ist nur schon deshalb enttäuschend, weil den lauten Worten keinerlei Taten folgten. Wohl gewann sie Ende März ihre Auftaktpartie gegen den FC Kloten 2:0. Doch schon damals hielt der Berichterstatter fest: „2:0 gewonnen, aber noch nicht gut genug gespielt. Will das Team sein Saisonziel erreichen, wird es sich bedeutend steigern müssen. Nicht zuletzt vor dem gegnerischen Tor.“
Mit durchschnittlichen Leistungen ging es weiter: Gegen Racing spielte man 2:2-Unentschieden und verlor in der Nachspielzeit Mittelfeldspieler Marko Dugandzic, der wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Platz flog; gegen ein bescheidenes Regensdorf gewann man 4:2, was jedoch primär dem eingewechselten Stürmer Renato Lionzo zu verdanken war, der innert 15 Minuten drei Mal traf; gegen die schlechter klassierten Egg und Fällanden spielte man bloss Unentschieden, womit die Aufstiegshoffnungen einen ernsten Dämpfer erhielten; mit angeschlagener Psyche reiste man so gestern Sonntag ins Zürcher Stadtquartier Höngg.
Obwohl die Zolliker Aussichten, ihr Saisonziel doch noch zu erreichen, selbst bei einem Auswärtssieg bescheiden geblieben wären, schwor man sich, sich gegen Höngg nochmals am Riemen zu reissen und dem Gegner grösstmögliche Gegenwehr entgegenzusetzen.
Abwehr im Schlafmodus
Die guten Vorsätze waren nach 100 Sekunden Makulatur, als Höngg mit dem ersten Angriff der für den SCZ ungewohnt früh angepfiffenen Partie am Sonntagmorgen um 10.15 Uhr den Führungstreffer erzielte. Nach einem Freistoss in den Zolliker Strafraum befand sich die Abwehr noch im Schlafmodus, und ein Stadtzürcher Stürmer konnte unbedrängt einköpfeln. In der 9. Minute setzte sich ein Höngger auf der linken Seite durch, seine Flanke verwertete ein Stürmer wiederum per Kopf. SCZ-Goalie Murat Saliji war zum zweiten Mal geschlagen. Zwei Minuten später kamen die Gäste erstmals gefährlich in die gegnerische Platzhälfte – und konnten hiervon mit etwas Glück gleich Kapital schlagen. Andrea Schärer setzte sich auf der rechten Flanke mit einem Dribbling durch und passte zurück an die Strafraumgrenze auf Matteo Felder. Der Schuss des Zolliker Captains fand, leicht abgefälscht, den Weg in die untere rechte Ecke des Höngger Tors.
Die Zolliker Hoffnung, doch noch ins Spiel zu kommen, wähnte nur kurz. Drei Minuten nach dem Anschlusstreffer missglückte SCZ-Innenverteidiger Severin Oechslin eine Kopfballrückgabe, ein gegnerischer Stürmer fing den Ball ab, umkurvte Saliji und schob zum 3:1 ein. Noch zwei Mal bot sich den Gästen in der Folge die Möglichkeit, für Spannung zu sorgen. Nach einem schnell ausgeführten Freistoss von Christian Stengele schlenzte Andrea Schärer den Ball in der 27. Minute an die Latte des Höngger Tors, vier Minuten später traf er erneut die Latte. Der zurückprallende Ball fiel Sean Winkler auf den Kopf, der jedoch über das Tor köpfelte.
Kampflos dem Schicksal ergeben
Als Sascha Martin in der 35. Minute ein Rückpass zu kurz geriet, ein gegnerischer Stürmer den Ball abfing und quer durch den Zolliker Strafraum auf einen mitgelaufenen Mitspieler passte, der nur noch ins leere Tor einzuschieben brauchte, war das Spiel endgültig entschieden – und die Zolliker ergaben sich nun vorübergehend kampflos ihrem Schicksal. Zwei Gegentore in den letzten drei Minuten der ersten Halbzeit waren hierfür der verdiente Lohn. Der 1:6-Rückstand zur Pause war etwas hoch ausgefallen, weil der SCZ mit den beiden Lattenschüssen auch Pech gehabt hatte; aufgrund defensiver Unkonzentriertheiten und Unzulänglichkeiten aber war er folgerichtig.
Vom zweiten Durchgang gibt es wenig zu berichten. Die Zolliker Gegenwehr war – kein Wunder bei diesem Spielstand – längst gebrochen; und Höngg war damit zufrieden, die klare Führung zu verwalten, und schonte Kräfte. So erzielte der Gastgeber, der nach wie vor überlegen war, nur noch ein Tor. Nach einem schnell vorgetragenen Konter überlobte ein Höngger den zu weit vorne postierten Saliji zum 7:1.
Leichtigkeit und Selbstvertrauen verloren
So endete der sonntägliche Ausflug auf den Hönggerberg mit einer kolossalen Niederlage. Die Leichtigkeit, die den SCZ nach seinem Aufstieg 2011 zum 7:0 gegen Höngg beflügelte, hat das Team längst verloren. Und auch vom unbedingten Willen und Glauben an die eigenen Fähikgeiten, die im vergangenen September etwa noch dazu geführt hatten, dass man (das seither personell nahezu unveränderte) Höngg zuhause trotz zweier verschossener Elfmeter verdient 2:0 besiegte, ist in diesem Frühling nichts mehr zu spüren.
Unter diesen Vorzeichen kann es in den verbleibenden fünf Saisonspielen nur noch darum gehen, weitere Blamagen und rekordhohe Niederlagen zu vermeiden. Und dem langjährigen Erfolgstrainer Alain Merkli, der aus familiären Gründen unlängst seinen Rücktritt auf Saisonende bekanntgegeben hat, einen würdigen Abschied zu ermöglichen. Merkli hätte es nicht verdient, dass zum Ende seiner Ära ein schaler Nachgeschmack bleibt. Ihm gegenüber stehen die Spieler nun in der Pflicht.
Telegramm
SV Höngg II – SC Zollikon I 7:1 (6:1). Hönggerberg, 50 Zuschauer.
Tore: 2. 1:0. 9. 2:0. 11. M. Felder 2:1. 14. 3:1. 35. 4:1. 42. 5:1. 45. 6:1. 60. 7:1.
SCZ: Saliji; Stengele, T. Hermida, Oechslin (46. Vanek), Martin; Dugandzic, M. Felder; Y. Rämi (57. Gubler); A. Schärer, Lionzo, Winkler (78. M. Schärer).
Bemerkungen: 44. Und 85. Tore von Höngg wegen Offsides aberkannt. Gelbe Karten gegen Lionzo (37.), Dugandzic (51.) und Vanek (76., alle wegen Foulspiels). SCZ ohne Eichin (gesperrt), Camichel, Girod, Hugentobler, Müller (alle verletzt), G. Rämi (abwesend) und Burger, A. Felder und Niederhauser (alle Auslandaufenthalte). Beim SCZ nicht eingesetzt: C. Bühlmann, F. Hermida.
Die höchsten Niederlagen im 21. Jahrhundert
Um sich an eine ähnliche Schmach zu erinnern, muss man weit in die Vergangenheit zurückblicken (siehe unten). Nur ein einziges Mal in diesem Jahrtausend hat ein Zolliker Fanionteam noch mehr Gegentore kassiert als gestern: Am 5. Oktober 2003 verlor der SCZ bei CCD Lautaro Chile 1:8. Vom gegenwärtigen Zolliker Team war damals einzig Ferry Hermida (der gegen Höngg allerdings nicht zum Einsatz kam) schon dabei.
• Am 11. Mai 2014 verlor der SCZ bei SV Höngg II 1:7.
• Am 9. September 2007 verlor der SCZ zuhause gegen den FC Uster II 1:7.
• Am 13. September 2005 verlor der SCZ bei Fällanden II 2:7.
• Am 10. Oktober 2004 verlor der SCZ bei Regensdorf II 1:7.
• Am 5. Oktober 2003 verlor der SCZ bei CCD Lautaro Chile 1:8.