Dem Zolliker Fanionteam geht im Aufstiegskampf die Luft aus: Nach dem 1:1 in Männedorf und dem 1:3 gegen YF Juventus kann es auch im dritten Spiel in Folge nicht gewinnen. Schlimmer noch: Beim FC Witikon werden die Zolliker phasenweise vorgeführt. Die Aufstiegschancen sind damit auf ein absolutes Minimum gesunken.

Von Dennis Bühler (Text) und Wendy Winkler (Fotos)

 

Hochmotiviert: Die roten Witiker und die blauen Zolliker betreten das SpielfeldSchon die erste Angriffsszene der Gastgeber lässt erahnen, in welche Richtung sich diese Partie entwickeln könnte: SCZ-Verteidiger Christian Stengele grätscht ins Leere, Witikon-Stürmer Serafin Oberholzer wird in der Spitze angespielt. Dem Topskorer der Stadtzürcher wird Zeit und Platz gelassen, um sich zum Tor zu drehen, zwei Zolliker Abwehrspieler schauen nur zu, und auch Goalie Mauro Eichin zeigt gegen den zwar platzierten, aber in seiner Art absehbaren Abschluss keinerlei Reaktion. Schon nach drei Minuten müssen die Zolliker, die sich für diese Partie so viel vorgenommen haben, eine Reaktion auf den missglückten Auftritt am Sonntag zuvor gegen YF Juventus etwa, einem Rückstand hinterher rennen. Im Wissen, sich im Fernduell um den Aufstieg keinesfalls einen weiteren Punktverlust leisten zu können, wird der Druck noch grösser. Für die Zolliker wird er zu gross – das Team zerbricht daran.

Christian Stengele kann seinen Gegenspieler nicht am Flanken hindernWie gelähmt spielt der Grossteil des Teams nun, Zweikämpfe werden verloren, einfachste Pässe im Spielaufbau misslingen. Auf der anderen Seite stellt Oberholzer seine Torgefährlichkeit unter Beweis, trifft nach einer Viertelstunde nach einem Pass des ehemaligen Zollikers Patrick Aeschbacher mit seiner zweiten Chance zum zweiten Mal. Die Zolliker sind zwar bemüht, aber unfähig, den entfesselten Stadtzürcher mehr entgegen zu setzen als das Anschlusstor nach zwanzig Minuten. Einen weiten Pass von Tomás Hermida passt Flügelspieler Sascha Martin scharf zur Mitte, Andrea Schärer legt überlegt quer zu Yves Rämi, dieser behält die Übersicht, lässt einen Gegenspieler aussteigen und trifft aus kurzer Distanz am chancenlosen Witiker Torhüter Damian Unger vorbei zum 1:2. Das Aufbäumen ist von kurzer Dauer, weil Albert Miller, der Stürmer aus Frankreich mit Vergangenheit beim HSC Montpellier, fortan gross aufspielt. Sechs Minuten nach dem Zolliker Anschlusstor setzt der Witiker zum Alleingang an, Alessandro Felder kann ihn auch mit einem Tackling nicht stoppen, mit einem Querpass zur Mitte bedient Miller Lukas auf der Maur, der nur noch einzuschieben braucht. Auch in der zweiten Halbzeit wird Miller die Zolliker Abwehr mehrmals schwindlig dribbeln.

Korrekturen an der Aufstellung

Oliver Aeschimann klärt vor dem Witiker Stürmer

In der Pause korrigieren die Zolliker Trainer Alain Merkli und Werner Kienle ihre Aufstellung, wechseln mit Nicolas Girod einen erfahrenen Verteidiger und mit Albert Gubler einen schnellen Stürmer ein. Beide hatten überraschend auf der Ersatzbank Platz nehmen müssen. Am Zolliker Spiel ändern indes beide Massnahmen wenig. In der Defensive steht man zu weit vom Gegner weg und gibt viel zu viel Raum, im Angriff fehlt die Durchschlagskraft. In der 57. Minute vergibt Gubler die Chance zum 2:3 und damit einem Tor, das vielleicht nochmals Kräfte mobilisiert hätte: Viel zu wenig Wucht bringt er hinter seinen Kopfball nach einer Freistossflanke von Tomás Hermida. Unger wehrt den Ball aus einer Distanz von gerade mal fünf Metern ohne Probleme ab. Drei Minuten später hat Miller seinen nächsten Auftritt, erneut legt er auf für einen Mitspieler, der nicht mehr viel falsch machen kann. Der soeben für den verletzt ausgeschiedenen Oberholzer eingewechselte Marc Koch erzielt mit seiner ersten Ballberührung den vierten Witiker Treffer.

Ins Stolpern geraten: Der SCZ mit Andrea Schärer erleidet in Witikon SchiffbruchIn der 66. Minute setzt sich Andrea Schärer mit zwei schönen Dribblings in Szene und wird im Strafraum von den Beinen geholt. Tomás Hermida lässt Goalie Unger mit seinem platzierten Penalty keine Abwehrchance. Der jüngere der beiden Schärer-Brüder kommt eine Minute später freistehend zum Kopfball, der allerdings genauso harmlos gerät wie jener von Gubler zehn Minuten zuvor. In der 71. Minute erzielt Miller das 5:2, das Spiel ist nun endgültig entschieden. Nach dem zweiten Treffer von Koch in der 77. Minute muss man Angst haben, dass die Zolliker Mannschaft endgültig auseinanderbricht. Das letzte – unbedeutende – Tor fällt jedoch auf der gegenüber liegenden Spielfeldseite: Andrea Schärer trifft zwischen den Beinen von Unger hindurch zum 3:6-Endstand.

Ursachenforschung

Freistehend köpfelt Albert Gubler genau in die Arme von Witikon-Hüter Damian Unger und verpasst das 2:3Woran liegt es, dass Witikon dem SCZ in allen Belangen überlegen war? Zum einen stellte der Gastgeber mit dem Sturmduo Oberholzer/Miller die beiden besten Spieler auf dem Platz. Ersterer brauchte zwei Chancen, um das Spiel in die gewünschten Bahnen zu lenken. Letzterer brillierte mit einem Treffer und vier Torvorlagen. Zum anderen machten es die Zolliker dem FC Witikon aber auch erstaunlich einfach, genauso wie schon dem SC YF Juventus vier Tage zuvor: Die Körperspannung stimmte bei vielen nicht, die breite Brust und der unbedingte Siegeswille, die den SCZ in den ersten drei Vierteln der Saison noch ausgezeichnet und zu vielen – auch knappen – Siegen geführt hatten, fehlten. Offensichtlich lasteten Druck und Erwartungshaltung schwer auf den Spielern.

Fehlte an allen Ecken und Enden: der verletzte Stürmer Sean WinklerZu viele Spieler waren in den letzten Wochen zu weit von ihrer Normalform entfernt. Auch deshalb liess die Variation im Zolliker Spiel zu wünschen übrig. Viel zu oft wurde der lange Ball auf die Flügel gespielt, womit das zentrale Mittelfeld, das im Grunde ideal positioniert für die Ballverteilung wäre, überbrückt wurde. Erschwerend kam hinzu, dass mit Sean Winkler der treffsicherste Zolliker seit dem Auswärtsspiel in Männedorf verletzt fehlt, und gegen Witikon nun auch noch die beiden Stammkräfte auf der Position des Aussenverteidigers ausfielen (Carlo Bühlmann verletzt, Asdin Azarnait gesperrt). Der einzige verbleibende gelernte Aussenverteidiger im Team, Sascha Martin, wurde auf dem Flügel eingesetzt.

Wenigstens eine Einheit

Eine Einheit auch im Moment der Niederlage: das Zolliker Fanionteam nach dem Spiel auf der Suche nach den Ursachen für die herbe 3:6-NiederlageIn neun Tagen empfängt der SCZ zum Saisonabschluss den SV Höngg auf dem Riet. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird dieses Spiel bedeutungslos sein. Es ist nicht anzunehmen, dass sowohl Männedorf wie auch YF Juventus auf der Zielgerade stolpern. Es steht so gut wie fest: Der SCZ wird auch in der nächsten Saison in der 3. Liga spielen. Auch wenn die letzten drei Spiele betrüblich waren, darf das Fanionteam insgesamt auf eine gelungene Saison zurückblicken. Wie in der Vorsaison, als man erstmals seit Jahren wieder in der 3. Liga antrat, wird es diese Spielzeit (mindestens) auf dem dritten Tabellenrang abschliessen.

Die erfreulichste Szene am gestrigen Abend in Witikon war übrigens eine nach Spielende: Gleich zwei Mal bildeten Spieler und Betreuer auf dem Spielfeld einen Kreis. Die Zolliker wurden schwer geschlagen, ein Ziel wurde verfehlt. Und doch, scheint es, gibt es keine Auflösungstendenzen zu verzeichnen. Die Mannschaft und der SCZ als Verein sind eine Einheit – auch in einem Moment der grossen Enttäuschung.

 

Telegramm

FC Witikon – SC Zollikon 6:3 (3:1). Sportplatz Looren, 100 Zuschauer.

Tore: 3. Oberholzer 1:0. 15. Oberholzer 2:0. 20. Y. Rämi 2:1. 26. Auf der Maur 3:1. 60. Koch 4:1. 66. T. Hermida 4:2. 71. Miller 5:2. 77. Koch 6:2. 87. A. Schärer 6:3.

SCZ: Eichin; Aeschimann (46. Girod), T. Hermida, Stengele, Oettli; Beisel, A. Felder (55. F. Hermida); A. Schärer, Y. Rämi, Martin; M. Schärer (46. Gubler).

Bemerkungen: Gelbe Karten gegen Oettli (52., Foul) und Eichin (77., Reklamieren). SCZ ohne Azarnait (gesperrt), Bühlmann, Burger, Hugentobler, Niederhauser, G. Rämi, Winkler (alle verletzt), Camichel, Einstein, M. Felder, Kälin, Saliji (alle abwesend). 55. A. Felder verletzt ausgeschieden. Beim SCZ nicht eingesetzt: F. Bühlmann, Vasilj.