Im Derby in der ersten Cuprunde waren die Gäste aus Küsnacht lange Zeit überlegen, kamen in den letzten Spielminuten aber doch noch arg in Bedrängnis. Im Elfmeterschiessen schliesslich setzte sich der Oberklassige durch. Die Zolliker dürfen dennoch stolz auf ihre Leistung sein.

Von Dennis Bühler

Auf dem Zolliker Fussballplatz Riet war die 90. Spielminute angebrochen, als Rainer Bieli, seit ein paar Wochen Trainer des FC Küsnachts, die Cleverness ausspielte, die er sich während seiner langen Profikarriere angeeignet hatte. Der einstige Super-League-Torschützenkönig rief Lubomir Baran zu sich und wies ihn an, sich möglichst weit weg von der Küsnachter Ersatzbank zu postieren. Dreissig Sekunden später wechselte Bieli seinen besten Spieler an diesem Abend aus. Baran spazierte aufreizend langsam vom Platz – nicht ohne sich noch per Handschlag vom Schiedsrichter und mehreren Spielern zu verabschieden. Um jeden Preis wollten die Gäste ihre knappe 1:0-Führung über die Zeit retten. In der Nachspielzeit spedierte der Zolliker Angreifer Fernando Hermida den Ball ein letztes Mal mit einem weiten Einwurf in den Küsnachter Strafraum. Dort schraubte sich Sebastian Beisel in die Luft und traf mit einem Kopfball unhaltbar ins Tor.

Als wenig später FCK-Captain Igor Hürlimann nach einem groben Foul an Andrea Schärer die zweite gelbe Karte erhielt, wutentbrannt gegen das Plexiglas der Ersatzbank schlug und eine Wasserflasche zu Boden warf, schien das im Sport viel zitierte Momentum auf einmal gekehrt zu haben. Die Küsnachter, die über weite Strecken dominiert hatten, nach dem Führungstreffer durch Baran nach einer knappen Stunde aber ihre offensiven Bemühungen eingestellt und den Gastgebern dadurch erst die Möglichkeit eingeräumt hatten, ihrerseits gefährliche Angriffe zu lancieren, waren nun in Unterzahl und standen mit dem Rücken zur Wand. Hätte die Partie noch länger als ein paar Sekunden gedauert oder würde im regionalen Cup auf die reguläre Spielzeit eine Verlängerung und nicht gleich das Elfmeterschiessen folgen, die Zolliker hätten den Coup möglicherweise geschafft und den Oberklassigen aus dem Wettbewerb geworfen.

Küsnachter mit den besseren Nerven

So aber pfiff der gute Schiedsrichter Milaim Lakna die Begegnung ab und die Torhüter stellten sich abwechslungsweise zwischen die Pfosten. Im Penaltyschiessen bewiesen die Küsnachter die besseren Nerven: Während vom FCK einzig Ardian Murtisi verschoss, scheiterten auf Zolliker Seite gleich drei von fünf Spielern. Hermida schlenzte den Ball an die Latte, Beisel scheiterte am gut reagierenden FCK-Goalie Dario Lombardi, und Schärer schoss den Ball über das Tor.

Das Küsnachter Weiterkommen war verdient, da sie vorab in der ersten Halbzeit überlegen gewesen waren. Der Auftritt seiner Mannschaft sei in Ordnung gewesen, sagte Trainer Bieli, vor dem gegnerischen Tor aber habe er die Entschlossenheit vermisst. Den Zollikern zollte der 34-Jährige Anerkennung. „Das ist eine kompakte, gute Mannschaft“, sagte er. „In der Schlussphase setzten sie uns gehörig unter Druck und drängten uns in die eigene Spielfeldhälfte.“

Überzeugende Zolliker Abwehrarbeit

Sehr zufrieden mit seinen Spielern war der Zolliker Trainer Alain Merkli. Das taktische Konzept sei voll aufgegangen, sagte er. Tatsächlich hatte sich die Entscheidung ausbezahlt, im zentralen Mittelfeld gleich drei Spieler aufzustellen. Die erfahrenen Küsnachter Hürlimann und Nelson Vaz da Costa konnten sich nie wie gewünscht entfalten, weshalb bei den Gästen Flügelspieler Fabio de Nunzio neben Baran die auffälligste Figur war. Bei den Zollikern gefiel vor allem die Verteidigerreihe, wobei besonders die Abgeklärtheit überraschte, mit der A-Junior Severin Oechslin im Abwehrzentrum agierte. Die offensiven Kräfte hingegen waren grösstenteils mit defensiven Aufgaben beschäftigt und kamen kaum zur Geltung.

Die Zolliker haben mit ihrer Leistung die Vorfreude auf die am Sonntag beginnende Meisterschaftssaison geweckt. Will der SCZ auch in dieser Spielzeit um den Aufstieg mitspielen, dürfte ein Heimsieg gegen Racing Club Pflicht sein. Der Stadtzürcher Mannschaft ist ihr Auftakt misslungen: Sie verlor letztes Wochenende beim FC Witikon 0:3.

 

Telegramm

SC Zollikon – FC Küsnacht 1:1 (0:0), 3:4 nach Elfmeterschiessen.

Fussballplatz Riet, 120 Zuschauer. SR: Lakna.

Tore: 57. Baran 0:1. 91. Beisel 1:1.

Penaltyschiessen: Y. Rämi 2:1. Carava 2:2. F. Hermida verschiesst (Latte). Bischofberger 2:3. M. Felder 3:3. Emini 3:4. Beisel verschiesst (Lombardi hält). Murtisi verschiesst (G. Rämi hält). A. Schärer verschiesst (übers Tor).

SCZ: G. Rämi; Martin, Girod, Oechslin, Stengele; M. Felder, Dugandzic (60. F. Hermida); Lionzo (71. Camichel), Beisel, A. Schärer; Gubler (67. Y. Rämi).

FCK: Lombardi; Belotti, Wittmer, Emini, Carava; Hürlimann, Vaz; De Nunzio (72. Sprecher), Murtisi, Bischofberger; Baran (90. Reiff).

Bemerkungen: Gelb-rote Karte: 92. Hürlimann (Foul). Gelbe Karten: 14. Beisel, 33. Hürlimann (beide Foul), 64. Baran (Reklamieren). SCZ ohne Azarnait, C. Bühlmann, A. Felder, T. Hermida, Hugentobler und Winkler (alle verletzt). FCK ohne Brotzer, Fotheringham, Wiki (alle verletzt) und Trazza (noch nicht spielberechtigt). Beim SCZ nicht eingesetzt: Eichin, F. Bühlmann, Oettli, M. Schärer. Beim FCK nicht eingesetzt: Lichtin, Maloku.